Heiligenhäuschen auf der Linge

(aufgezeichnet im Oktober 2008 von Franz Gierse)

Das alte Heiligenhäuschen stand oberhalb von Oberrarbach an der Straße nach Bad Fredeburg auf der linken Seite fast direkt an der Fahrbahnkante. Es stand auf dem Grundstück der Familie Lippes und war somit in Privatbesitz.
Über den Erbauungsgrund sowie die Bauzeit können von der Fam. Lippes keine Angaben gemacht werden, auch haben sie keinerlei Schriftstücke oder Unterlagen darüber vorliegen.

Seitlich am Heiligenhäuschen standen 2 recht starke Ebereschen fast unmittelbar an der Fahrbahnkante wovon die rechte bis dicht ans Mauerwerk gewachsen war. Das Heiligenhäuschen hatte einen ziemlich quadratischen Grundriß von ca. 2,- x 2,- m.
Der Innenraum mit einer Tiefe von 1,50 m und einer Breite von 1,- m war zur Straßenseite hin offen. Die Bruchsteinwände waren von innen und außen mit einem weiß gestrichenen Putz belegt. Das spitze Giebeldach war mit Naturschiefer eingedeckt. Das gleiche Material war in Plattenform als Fußboden gelegt.
Im Laufe der Jahre war der Boden infolge des Aufbringens von neuen Straßenbelägen unter dessen Niveau gerutscht, und so stand das Heiligenhäuschen nach starkem Regen schon mal unter Wasser.

In der Kopfwand war eine Nische eingebaut, worin eine Marienstatue „Madonna mit Kind“ ihren Platz hatte. Zu dessen Schutz war eine Sprossenrahmentür in Eiche mit einer Glasscheibe vorgesetzt. Auf Anraten verschiedener Personen (Angst vor Diebstahl) ist die aus Holz gearbeitete, barocke Madonnenfigur irgendwann durch eine einfache Gipsfigur ersetzt worden. Die wertvolle Statue hat dann ihren Platz in der Kapelle gefunden.

 

Anfang des Jahres 1974 überraschte der Hochsauerlandkreis mit der Meldung, daß die durch den Ort Oberrarbach führende Kreisstraße noch im selben Jahr aus dem Ort verlegt werden könne, wenn die Besitzer der entsprechenden Grundstücke sich mit dem Kreis über deren Abgabe schnell einigen könnten, da der Kreis die bereit-
stehenden Mittel noch in diesem Jahr verbauen müsste.

Die im April durchgeführten Verhandlungen mit den Grundstücksbesitzern verliefen recht zügig und erfolgreich, wobei auch das gleichzeitig laufende Flurbereinigungsverfahren etwas mithalf.

Das Grundstück von Anton Lippes mit dem aufstehenden Heiligenhäuschen war auch betroffen; und als die Baumaßnahme bereits im Juni begann wurde es abgerissen. Herr Lippes bekam hierfür eine Entschädigung vom Kreis in Höhe von 300,– DM, die er später für den Neubau zur Verfügung stellte.

Es wurde im Dorf sofort der Wunsch geäußert ein neues Heiligenhäuschen zu bauen. Auf der jährlich stattfindenden Generalversammlung der Dorfgemeinschaft wurde dieses Vorhaben diskutiert und man war einstimmig der Meinung, dass wenn ein neues Heiligenhäuschen gebaut werden sollte, es durch die Dorfgemeinschaft erfolgen sollte.
Aufgrund des laufenden Flurbereinigungsverfahrens wurde von der Dorfgemeinschaft bei der Behörde in Arnsberg ein Antrag auf Zuteilung eines entsprechenden Grund-
stücks möglichst in der Nähe des alten Standortes gestellt.

Nach Abschluß der Wegeplanung wurde der Dorfgemeinschaft ein Grundstück auf der gegenüberliegenden Straßenseite angeboten. Die Dorfgemeinschaft war mit diesem Grundstück bestens einverstanden und hat es erworben. Der Kaufpreis wurde nach den Punktwerten des Bodens errechnet.

Ich habe dann mit einigen bekannten Architekten gesprochen und auch kleine Skizzen über eine mögliche Ausführung erhalten. Auch andere Dorfbewohner haben sich umgehört. Aus diesen Erkenntnissen habe ich dann eine kleine Zeichnung erstellt. Auf der Dorfversammlung am 9.05.1978 wurde dann beschlossen, dass das neue Heiligenhäuschen in etwa nach dieser Skizze erstellt werden soll.

Eine genaue Bauzeichnung wurde nicht erstellt, ebenso wenig wurde ein Bauantrag gestellt. Die Finanzierung des Baues war eigentlich auch gesichert, da die Dorfjugend 3.000,– DM spendete, und Anton Lippes wie schon erwähnt, den Erlös des alten Heiligenhäuschen in Höhe von 300,– DM zur Verfügung stellte.

Von der Versammlung wurden noch 4 Männer für die Baudurchführung beauftragt:
Antonius Gierse-Metten, Anton Lippes, Helmut Köster und Franz Gierse.
Mit den Arbeiten ist dann auch umgehend begonnen worden. Am 30.05. habe ich ein Modell vom Grundriß angefertigt, wonach dann sofort unsere Maurer mit Hilfskräften darangingen die Fundamente auszuheben und das Mauerwerk zu erstellen, sodaß schon am Samstag den 03.06. die Dachsparren aufgelegt werden konnten. Abends haben wir aber nur mit einigen Leuten noch ein kleines Richtfest in unserer Werkstatt gefeiert. Obwohl alle Arbeiten nach Feierabend unentgeltlich getätigt wurden ging es immer zügig voran.

Die Dacheindeckung mit Naturschiefer wurde von Ludwig Büngener Remblinghausen sehr preisgünstig ausgeführt. Bein Anbringen des Dekorputzes half der Fachmann Hubert Wegener aus Niedersorpe mit.
Die Mauer-, Putz- und Fliesenarbeiten lagen in den Händen von Anton Lippes und Helmut Köster. Für die Holzarbeiten war Franz Gierse zuständig und um die Dachrinnen kümmerte sich Hugo Unger.
Natürlich haben bei allen Arbeiten wo es möglich war und nötig war, immer andere Dorfbewohner mit angepackt.

Folgende Materialien kamen zur Anwendung:
Mauerwerk: Bimsstein mit 2 Wabenfenstern in Beton
innen und außen Dekorputz
Bodenbelag: Terrazo Fliesen (Reste)
Dach: Fredeburger Naturschiefer
Sparrenlage: Fichtenholz
Decke + Tür: Eichenholz

Nach einer innerdörflichen Diskussion über die Innenausstattung entschied man sich,
auch nach Rücksprache mit dem Bildhauer Alois Hoppe aus Sögtrop, auf einer kurzfristig einberufenen Dorfversammlung für ein von diesem Künstler aus Steinguß gefertigtes Hochrelief „Madonna mit Kind“.
Der gebürtige Oberrarbacher Theo Bamfaste fertigte die Kerzenständer aus Metall.
Außerdem wurde noch ein Opferstock in der Wand eingebaut.

Nachdem aufgeräumt, geebnet und ein wenig Splitt vor dem Eingang verteilt worden war, konnte am 22. Oktober die Einweihungsfeier stattfinden.
Pater Jan Gerrits, der seit Juni d. Jahres Pastor in Kirchrarbach und ein sehr bauinteressierter Mann war, segnete das Heiligenhäuschen mit Gebeten und Gesängen um 14.oo Uhr ein. Nach der Einsegnung fand noch ein Kaffeetrinken und kleiner Umtrunk bei Wollmeiners statt. Getrübt wurde diese Feier durch den plötzlichen Tod von Ferdinand Müller am Tag zuvor.

 

Für Besucher des Heiligenhäuschens besteht die Möglichkeit, für ein kleines Entgelt eine Kerze anzuzünden. Aus Reinhaltegründen wurden hierfür Teelichter gewählt. Von den ursprünglich 4 Stühlen, die zum Ausruhen und länger Verweilen einladen sollten, waren 2 nach nicht allzu langer Zeit schon wieder verschwunden.

Für das Nachfüllen der Teelichter, das Leeren des Opferstocks, die Sauberhaltung des Raumes sowie ab und zu für etwas Blumenschmuck sorgten und sorgen:

Vom 22.10. 1978 bis zum Jahr 1985 Hugo Unger
von 1985 bis zum Jahr 1996 Luci Köster
von 1996 bis zum Jahr 2000 Margarete Göddeke
von 2000 bis zum Jahr 2004 Elisabeth Lippes
seit 2004 Agnes Gierse